Training 4 Paws

Loose Leader - So bringst du deinem Hund das Gehen an lockerer Leine bei

Gemüse und Nachtisch für Gehen an Lockerer Leine

Wie für viele Hundebesitzer, so stellt auch für Liz und ihren fünfzehn Monate alten Labrador Bear das Gehen an lockerer Leine eine echte Herausforderung dar. Bears Spezialität: Er findet andere Hunde so wahnsinnig toll, dass er mit voller Wucht in die Leine springt, um Kontakt zu ihnen aufzunehmen und als unkastrierter Rüde zieht er Liz wie ein Fähnchen im Wind zum nächsten Laternenpfahl, um diesen dann ausgiebig zu studieren und ein Like zu hinterlassen. Liz’s Problem: Bear wiegt gut und gerne 40 Kilo und er setzt sein ganzes Körpergewicht ein, um sein Ziel zu erreichen.

Für einen dreitägigen Crashkurs bei Lothlorien Dog Services sind beide von der wunderschönen schottischen Insel Arran angereist.Unter anderem bestand Bears Training aus mehreren Einheiten zum Gehen an lockerer Leine.

Claire’s Ansatz hierzu besteht aus drei Schritten:

1. Schritt: Click für Blick

Bevor Bear zu seinen Outdoor-Abenteuern aufbricht, bestärkt Liz jedes Abwenden Bears von den konkurrierenden Umweltreizen und den Blickkontakt zu ihr. Sie bricht erst auf, wenn Bear klar zeigt, dass er mit seinen Gedanken bei ihr ist, indem er zuverlässig ungefähr alle zwei Sekunden per Blickkontakt bei ihr eincheckt.

2. Schritt: Das Premack Prinzip

Claire nennt dies: Das Oma-Gesetz: „Wenn du brav dein Gemüse aufisst, dann bekommst du deinen Nachtisch“. Ein Verhalten, welches vom Hund nicht häufig gezeigt wird, wird verstärkt durch ein Verhalten, welches der Hund häufig zeigt, weil es entweder intrinsisch motiviert ist, d.h. dass das Verhalten an sich dem Hund Freude bereitet oder weil es schon so oft positiv verstärkt wurde, dass er es gerne macht.

Bears Gemüse ist in diesem Fall das Gehen an lockerer Leine. Sein Nachtisch dafür ist, dass er, nachdem die Leine locker war, am nächsten Laternenpfahl oder der nächsten Hausecke schnuppern darf. Isst Bear sein Gemüse nicht und die Leine strafft sich, dann bleibt Liz sofort stehen, um selbstbelohnendes Weiterkommen an straffer Leine zu vermeiden. Sorry Bear, kein Nachtisch! Erst wenn Bear sich zu Liz umwendet und die Leine locker lässt, geht es weiter.

Keine Leckerlis?

Warum verwendet Claire in diesem Stadium keine Leckerlis für das Gehen an lockerer Leine?
Zuallererst weil sie nicht benötigt werden. Die Belohnung, die Bear in diesem Moment möchte, sein primärer Verstärker, ist das Schnüffeln und Markieren. Außerdem bestünde beim Einsatz von Leckerli die Gefahr, dass Bear eine Verhaltenskette aufbaut: Ich renne nach vorne in die Leine, orientiere mich zurück zu Liz, bekomme ein Leckerli und weils so schön war, mache ich das Ganze jetzt nochmal und nochmal.

3. Schritt: Die Drei Ds: Duration, Distraction, Distance (Dauer, Ablenkung, Distanz)

Hier kommt die Fleischwurst zum Einsatz. Muss Bear eine sehr lange „Gemüse-Strecke“ überwinden oder kommen Menschen entgegen, die er eigentlich gerne begrüßen möchte, so belohnt Liz seine Disziplin mit dem Markerwort „Yes!“, gefolgt von einem Leckerli. Da Bear ein extrem sozialer Hund ist, der anderen Hunden unbedingt guten Tag sage möchte, bekommt er, wenn er sich bei Hundebegegnungen zurücknehmen kann, sogar eine ganze Leckerli-Bombe als Jackpot. Der Anblick des anderen Hundes wird mit einer Handvoll Leckerli belohnt, die vor Bear auf den Boden gestreut werden. Dies hat den positiven Nebeneffekt, dass das Schnüffeln und Aufsammeln der Leckerli vom Boden einen beruhigenden Effekt auf Bear und auch auf den anderen Hund hat, der sieht, dass der imposante Rüde deeskalierend den Kopf absenkt.

Was kann schief gehen?

Wird die Umweltablenkung zu groß und Bear schafft es nicht mehr, die Leine locker zu halten, so geht Liz zurück zu Schritt 1 und spielt mit ihm eine Runde Click für Blick, bis Bear es wieder schafft, ungefähr alle zwei Sekunden Blickkontakt zu ihr aufzubauen und sich auf sein Frauchen zu konzentrieren, bevor er dann weitergeht.

Meine Highlights

Was mir an dieser Trainingseinheit besonders gut gefallen hat, war die Herzlichkeit und das Timing, mit der Liz ihren Bear immer wieder auch verbal gelobt hat und Claire’s Fairness gegenüber dem Hund. Wenn Bear sich an einem Laternenpfahl festgeschnuppert hat und ihm das dortige Hunde-Facebook-Posting besonders wichtig war, dann durfte er dort ausgiebig lesen, liken und kommentieren. So viel Zeit muss sein, denn Bear nimmt sich auch die Zeit, Liz Wünsche zu erfüllen. Das Training nach dem Premack-Prinzip, also das Belohnen mit Reizen aus der Umwelt des Hundes schult nebenbei das Auge des Besitzers dafür, was dem Hund wirklich wichtig ist, und was er zum Glücklichsein benötigt.

Am Ende unseres Trainings haben Liz und Bear einen entspannten Stadtspaziergang gemeistert und Liz bekam nach dem anstrengenden Gemüse-Training auch ihren wohlverdienten Nachtisch.

Herzlichen Dank an Liz, dass ich über sie und ihren Bear schreiben darf und herzlichen Dank an Claire, die ihr Wissen so bereitwillig teilt.